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Brief an Christian

  • Autorenbild: Nicole Behrend
    Nicole Behrend
  • 1. Aug.
  • 2 Min. Lesezeit

Es gibt Briefe, die schreibt man nicht für andere – sondern für sich selbst. Dieser hier ist genau so ein Brief. Kein Liebesbrief. Keine Abrechnung. Es ist meine Wahrheit. Ungefiltert. Echt.

 

Lieber Christian,

ich habe lange überlegt, ob ich dich so anreden soll. Du hast mich über Jahrzehnte ignoriert, eingesperrt, weggeschlossen – so tief, dass ich nur selten ausbrechen konnte. Du hast mir keinen Raum gelassen. Kein Licht. Ich war deine Wahrheit, aber du hast mich wie einen Irrtum behandelt.


Ich weiß, dass du dachtest, du tust das Richtige. Du wolltest Sicherheit, Ruhe, Kontrolle. Deine Anpassung war meine Unsichtbarkeit. Du bist durch die Jahre gegangen, als wäre ich nicht da – und doch war ich bei dir.


Du hast mich verraten – aber du warst auch mein Schutz. Denn die Welt war nicht bereit, und vielleicht war ich es auch nicht. Ich spürte deine Angst, aber ich war da. Ungebrochen, wartend, lebendig.


Du hast funktioniert, Erwartungen erfüllt. Mein Flüstern hast du nie gehört, nur wenn ich dich angeschrien habe, hast du reagiert, hast mich kurz ans Licht gelassen. Du hast dich selbst belogen, weil du dachtest, du müsstest. Dass es keinen anderen Weg gibt. Dass du „so bleiben“ musst.


Es war wie ein Riss in deiner Fassade, als du mich 2017 nach Basel gelassen hast. Ich durfte wirklich ans Licht, für einen halben Tag am Leben teilhaben. Nur ein kurzer Augenblick, ein sanfter Versuch. Es war der erste echte Schritt. Ich war da. Sichtbar. Greifbar. Lebendig. Und du hast zum ersten Mal nicht zurückgezogen. Diesen Riss konntest du nicht mehr schließen. Claudia und ich haben genau dort angesetzt und du hast mich in den Europapark gelassen. Du warst nervös, vielleicht auch überfordert. Aber du hast mich nicht versteckt. Danach schien Licht durch unzählige kleine Risse. Licht, das mich weiter wachsen ließ.


Ich weiß, dass es dich Kraft gekostet hat mich zu verbergen. Dass ich eine Last war, die du mit dir über lange Zeit getragen hast. Du warst aber auch der Fels, der mich vor der Brandung geschützt hat, denn deine Zeit wäre zu hart für mich gewesen. Meinen jetzigen Weg kann ich auf deinem Fundament aufbauen. Ich vergebe dir. Du warst meine Vergangenheit – und ich bin meine Gegenwart und Zukunft.


Ich bin Nicole. Nicht mehr ein Flüstern, nicht mehr ein Traum – ich bin Wirklichkeit. Ich bin sichtbar. Ich wachse – jeden Tag ein bisschen mehr, ohne Fassade, die das Licht zurückhält.


Mein Leben ist nicht perfekt, aber es ist meins. Echtes Leben. Mit all seinen Farben, Brüchen, Wundern. Und ich weiß heute: Ich darf sein. Ich soll sein.


Du warst mein Kokon und dafür danke ich dir.


Nicole


ree

 
 
 

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